Bozen, Göttingen, 9. Dezember 2020
Die Gesellschaft für bedrohte (GfbV) kritisiert den mangelhaften Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten. In der weiter umkämpften äthiopischen Region Tigray werde Hilfsorganisationen noch immer der freie Zugang verwehrt. Währenddessen habe die nigerianische Regierung den Schutz ihrer Bevölkerung vor Übergriffen der islamistischen Boko Haram praktisch aufgegeben.
„Die Terrormiliz wütet inzwischen ohne ernsthafte Gegenwehr der nigerianischen Streitkräfte. Besonders die christliche Bevölkerung, aber auch gemäßigte muslimische Gläubige können sich nicht mehr darauf verlassen, dass ihr Staat sie schützt“, berichtet GfbV-Direktor Ulrich Delius. „Häufig verschleppen die Milizen Frauen und Mädchen, die in Gefangenschaft zwangsverheiratet werden und Kinder bekommen. Wenn sie befreit werden oder flüchten können, werden Mütter und Kinder dann häufig von ihrer Gemeinschaft verstoßen.“ Diese Kinder des Krieges bedürften eines besonderen Schutzes, der ihnen in Nigeria oft verweigert würde. In der Vorweihnachtszeit hat die GfbV an den Bundesaußenminister Heiko Maas appelliert, sich stärker für den Schutz der unschuldigen Opfer von Boko Haram einzusetzen.
Die Lage der Zivilbevölkerung in Tigray lasse sich hingegen kaum von außen überprüfen. Seit Beginn der Offensive Anfang November unterliegt die Region einer Internet- und Nachrichtensperre. „Eigentlich hatte die äthiopische Regierung den Vereinten Nationen am 28. November vertraglich zugesichert, humanitäre Hilfe in die Konfliktregion zu lassen. Das ist aber nicht passiert“, so Delius. „Das ist nicht nur irgendein Vertragsbruch: Es ist ein Bruch des humanitären Völkerrechts und eine eklatante Verletzung der Verpflichtung, die Unbeteiligten des Krieges vor seinen Folgen zu schützen.“ Die Vereinten Nationen dürften dieses Verhalten nicht akzeptieren und müssten schnellstmöglich über Konsequenzen beraten.