Bozen, Göttingen, 10. Januar 2019
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat den neuen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro am Donnerstag dazu aufgefordert, das Angebot der indigenen Aruak, Baniwa und Apuriña aus dem Amazonasgebiet anzunehmen und mit den indigenen Gemeinschaften des Landes einen „Dialog auf Augenhöhe“ zu beginnen. Gleichzeitig kritisierte die in Göttingen ansässige Menschenrechtsorganisation die Entscheidung Bolsonaros, die Verantwortung für indianische Schutzgebiete von der Indianerbehörde FUNAI an das Agrarministerium zu übertragen, als „unverhohlenen Angriff auf die Landrechte der rund 300 indigenen Völker Brasiliens“, der sofort eingestellt werden müsse.
„Damit hat Bolsonaro den Bock zum Gärtner gemacht, denn die mächtige Agrarlobby hat keine Skrupel, indigene Gemeinschaften mit der Erschließung neuer Flächen die Existenzgrundlage zu rauben und ins Elend zu stürzen. Sie ist vor allem daran interessiert, eine intensive wirtschaftliche Nutzung auch bislang noch bewaldeter Gebiete durchzusetzen“, begründete die GfbV-Referentin Yvonne Bangert die scharfe Kritik der GfbV. „So macht der Präsident aus seinem Wahlversprechen, sich auf Kosten der Indigenen und der Umwelt auf die wirtschaftliche Erschließung des Amazonasgebietes zu konzentrieren, bittere Realität.
Darüber hinaus mache sich Bolsonaro nach Auffassung der GfbV auch daran, wichtige Säulen einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft in Frage zu stellen. So habe er ausländischen NGOs und internationalen Organisationen unterstellt, die Indigenen bewusst zu manipulieren. Mit Hilfe eines Dekrets wolle er nun die Arbeit der Menschenrechtler überwachen und koordinieren lassen.
Für die indigene Organisation „Rede de Cooperação Amazônica“ (RCA) hatten Repräsentanten der Aruak, Baniwa und Apuriña Bolsonaro kurz nach Amtsantritt von Bolsonaro Anfang 2019 in einem offenen Brief zum Dialog aufgefordert und sich gegen Bevormundung durch die Regierung und eine aufgezwungene Integrationspolitik verwahrt. In dem Brief der Indigenen heißt es: „Wir haben die Fähigkeit und die Autonomie, für uns selbst zu sprechen. Wir sind voll und ganz fähig, die Rechte der indigenen Völker zu überdenken und zu diskutieren, die in Artikel 231 und 232 der Bundesverfassung und in der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der UN-Erklärung zu den indigenen Völkern garantiert sind.“