Bozen, Göttingen, 25. März 2019
Nach dem gewaltsamen Tod von 115 Dorfbewohnern bei einem Überfall in Mali hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) der Regierung des Landes schwere Versäumnisse vorgeworfen. „DIe Gewalt eskaliert seit Monaten zwischen Dogon und Peulhs, doch die Regierung Malis hat die Alarmrufe von Menschenrechtsorganisationen und den Vereinten Nationen ignoriert. Mali darf der eskalierenden Gewalt nicht mehr tatenlos zusehen, da sie die Sicherheit im ganzen Land gefährdet. Der Auftrag der Bundeswehr zur Stabilisierung des Landes ist so nicht zu erfüllen“, erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. Im Jahr 2018 starben 209 Menschen bei 58 Übergriffen von Dogon auf Peulhs, Rund 14.000 Personen sind vor der Gewalt geflohen.
Der bislang folgenschwerste Zwischenfall ereignete sich am Samstagmorgen, als das Dorf Ogossagou im Bezirk Bankass in der Region Mopti von Dogon-Jägern eingekreist und überfallen wurde. Bei dem Angriff wurde ein Großteil der Dorfbevölkerung ermordet, später wurden fast alle Häuser von der angreifenden Miliz niedergebrannt. „Dieses Massaker markiert einen traurigen Tiefpunkt in der Suche nach mehr Stabilität und Frieden in Mali. Die sich dramatisch verschlechternde Sicherheitslage in Zentral-Mali darf nicht länger ignoriert werden. Dringend müssen Malis Armee und Polizei dort mehr Präsenz zeigen und die gewaltsamen Übergriffe von Dogon auf Peulhs stoppen“, sagte Delius.
Erst am 26. Januar 2019 hatten mehrere tausend Demonstranten in der Hauptstadt Bamako ein Ende der gewaltsamen Übergriffe der Dogon gefordert. Den Behörden warfen die Demonstranten vor, die Gewalt der Miliz der Dogon-Jäger gegen Peulhs zu tolerieren und schönzureden, da die auch als Fulani bezeichneten Peulhs vermeintlich islamistische Extremisten unterstützten. „Alle Bürgerinnen und Bürger Malis müssen den gleichen Schutz durch Polizei und Armee genießen. Es ist skandalös, wie eine ganze Bevölkerungsgruppe stigmatisiert und pauschal zu Unterstützern von Terroristen erklärt wird. Willkürlich werden Peulhs alleine aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit von malischen Soldaten in Gewahrsam genommen. Dutzende haben ihre Festnahme nicht überlebt, sondern wurden ohne Gerichtsverfahren getötet“, sagte Delius.
Dogon und Peulhs streiten seit Jahrhunderten um die Kontrolle von Weide- und Ackerland. Die Folgen des Klimawandels und schwindende Ressourcen haben diese Konflikte weiter geschürt. Wurde der Streit früher von traditionellen Führern beider Bevölkerungsgruppen geschlichtet, so haben diese seit altersher bestehenden Strukturen aufgrund neuer Verwaltungsgrenzen an Bedeutung verloren. Heute werden daher viele Konflikte mit Waffengewalt ausgetragen. Islamistische Terroristen versuchen die Spannungen für sich ausnutzen und Peulhs als Kämpfer anzuwerben. Nur wenn Malis Regierung endlich die Nöte der Peulhs ernst nehme und ihre Forderung nach mehr Sicherheit, Entwicklung und Partizipation berücksichtige, werde Zentral-Mali zur Ruhe kommen, erklärte die Menschenrechtsorganisation.