Bozen, Göttingen
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert die von der Türkei geplante Einrichtung einer Schutzzone in Nordsyrien, da sie das Völkerrecht verletzen würde. „Bevölkerungstransfers dürfen nicht gegen den Willen der Betroffenen und der ansässigen Bevölkerung durchgeführt werden – das Vorgehen der Türkei wäre daher ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, erklärte GfbV-Direktor Ulrich Delius. Die GfbV warnt nachdrücklich davor, die geplante Militärintervention mit irreführenden Begriffen wie „Schutzzone“ schönzureden. „Denn geschützt wird hier nicht die Zivilbevölkerung, wie es das humanitäre Völkerrecht gebietet. Im Gegenteil: Es würde eine Massenflucht der lokal ansässigen Bevölkerung ausgelöst. Ethnische Spannungen sind vorprogrammiert“, so Delius. Die kurdische Bevölkerung Nordsyriens durch arabischstämmige Flüchtlinge aus anderen Landesteilen auszutauschen sei ein massiver Verstoß gegen das Völkerrecht.
„Wer, wie die Türkei, ohne Legitimation militärisch in einem Nachbarland intervenieren will, bricht das Völkerrecht in doppelter Weise: Er missachtet die Staatsgrenzen und macht sich gemäß Artikel 7 der Statuten des Internationalen Strafgerichtshofes mit einem erzwungenen Bevölkerungstransfer der Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig“, erinnert Delius. Zwar erkennt die Türkei den Internationalen Strafgerichtshof nicht an, doch die in seinen Statuten enthaltene Definition von Verbrechen gegen die Menschlichkeit gilt als völkerrechtlich bindend.
Erschwerend komme hinzu, dass ein gewaltsamer Bevölkerungstransfer, wie die Türkei ihn plant, explizit eine Veränderung der demographischen Struktur in Nordsyrien anstrebe. Dies sei völkerrechtlich nicht legitimiert, sondern ein schwerwiegendes Verbrechen an der Zivilbevölkerung, warnte die Menschenrechtsorganisation.