Bozen, Göttingen, 30. August 2022
Die sogenannte „joint declaration“ zwischen dem deutschen und dem namibischen Staat kommt auch ein Jahr nachdem sie dem namibischen Parlament vorgelegt wurde nicht vom Fleck. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hält das vorgeschlagene Abkommen weiterhin für unzureichend. „Das Papier wurde zwischen den Regierungen verhandelt. Wichtige Organisationen der Nachkommen der Überlebenden waren nicht beteiligt und lehnen das Ergebnis ab. Die Zahlungen, zu denen sich die Bundesrepublik verpflichtet, sind mickrig, das Eingeständnis der Schuld halbherzig“, kritisierte Nadja Grossenbacher, GfbV-Referentin für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung, am Freitag in Göttingen. „Es ist gut, dass das namibische Parlament seine Zustimmung bisher verweigert. Die neue Bundesregierung sollte die Kritik ernstnehmen und neu verhandeln – und diesmal die Betroffenen mit einbeziehen.“
Die Bundestagsfraktion der Grünen hatte noch von der Oppositionsbank aus einen Antrag gestellt, koloniales Unrecht anzuerkennen und aufzuarbeiten. Darin nahm sie explizit Bezug auf den Genozid an den Herero und den Nama: „Dabei gilt es auch, den engen Rahmen der deutsch-namibischen Regierungsverhandlungen zu überdenken und eine breite Teilhabe besonders betroffener Bevölkerungsgruppen und der Zivilgesellschaft zu ermöglichen, um gemeinsam einen angemessenen und akzeptierten Prozess zu gewährleisten“ hieß es in dem Antrag. „Das kann die grüne Außenministerin Annalena Bearbock jetzt direkt selbst umsetzen. Die Ovaherero Traditional Authority und die Nama Traditional Leaders Association fordern ebenfalls Neuverhandlungen – direkt mit den Betroffenen, wie es das internationale Völkerrecht vorsieht”, so Grossenbacher.
Dr. Ngondi Kamatuka von der Ovaherero Genocide Foundation erklärte gegenüber der GfbV: „We urge the Green party to rise above the politics of the moment, and support our position, as they have done so, prior to joining the coalition government of Chancellor Olaf Scholz. The time is now for the Green party to take the moral high ground.”