Bozen, Göttingen, 8. März 2024
65 Jahre nach dem Volksaufstand in Tibet und der Flucht des Dalai Lama am 10. März 1959 trotzen Tibeter weiter der Kolonialherrschaft der Kommunistischen Partei Chinas (KPC), wie die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) berichtet. „Die aktuellen Demonstrationen gegen das Staudammprojekt in der Sichuan-Provinz zeigen, dass der tibetische Unabhängigkeitswille trotz jahrzehntelanger Repression und Indoktrination ungebrochen ist“, sagte Hanno Schedler, GfbV-Referent für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung am Freitag in Göttingen. „Die Antwort der chinesischen Regierung auf diese friedlichen Proteste folgt einem eingeübten Muster: Über 1.000 Tibeter wurden verhaftet, während der Verhöre wird Gewalt eingesetzt.“ Sollte das Megadamm-Projekt umgesetzt werden, würden mehrere tibetische Dörfer und buddhistische Klöster überflutet.
Seit ihrer Invasion Tibets 1949 / 1950 hat die KPC unzählige Verbrechen gegen Tibeter begangen. Mit dem sogenannten 17-Punkte-Plan von 1951 verlor Tibet die Unabhängigkeit. Zwar verpflichtete sich die chinesische Regierung dazu, den tibetischen Buddhismus und die tibetische Kultur zu respektieren, aber bereits nach wenigen Jahren begann die Zerstörung. „Bis heute wurden tausende Klöster vernichtet, buddhistische Nonnen und Mönche werden immer wieder gefoltert, in Arbeitslager geschickt und politisch indoktriniert“, so Schedler. „Unter Staats- und Parteichef Xi Jinping hat sich die KPC in den letzten Jahren weiter radikalisiert. Er lässt in Tibet die gleiche Blaupause anwenden, die für den Genozid an der uigurischen Bevölkerung in Xinjiang entwickelt wurde.“ So setze die KPC auf ein System von Zwangsinternaten für tibetische Kinder, um deren Assimilierung in die Han-Mehrheitsgesellschaft zu beschleunigen. In den Internaten müssen die Kinder Mandarin sprechen, Wissen über die tibetische Sprache, Geschichte und Kultur wird nicht vermittelt. Infolgedessen verlieren tibetische Kinder den Bezug zu ihrer eigenen Gemeinschaft. Dieses Vorgehen verletzt internationale Menschenrechtsstandards. „Die KPC verwendet inzwischen immer häufiger den chinesischen Begriff „Xizang“ für die Autonome Region Tibet, um ihre Kolonisierung auch auf der sprachlichen Ebene durchzusetzen“, sagte Schedler.
Seit 2016 treibt die chinesische Regierung zudem die Zerstörung der beiden großen buddhistischen Lehrinstitute Larung Gar und Yachen Gar voran. Larung Gar war eines der weltweit größten Institute für den tibetischen Buddhismus. Die Hälfte der dort lebenden Mönche, Nonnen und Studierenden wurde vertrieben, nur noch etwa 5.000 sind übrig.