Bozen, Göttingen, 13. Dezember 2024
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor den dramatischen Folgen der Aufhebung eins Gesetzes, das Räumungen indigener Gemeinden untersagte. Das Gesetz wurde durch die argentinische Regierung unter Präsident Javier Milei ohne Ersatz aufgehoben. „Damit öffnet die Regierung Bergbau, Agrarindustrie und anderen extraktiven Sektoren Tür und Tor, indigene Gebiete und die Umwelt rücksichtslos auszubeuten“, warnt Jan Königshausen, Referent für Indigene Völker bei der GfbV.
Das Notlagengesetz 26.160 (Ley de emergencia en material de posesión y propiedad de las tierras que tradicionalmente ocupan las comunidades indígenas del país) schützte seit 2006 indigene Gebiete vor Räumungen und bot eine Grundlage für die Anerkennung ihrer Landrechte. „Statt Rechtssicherheit zu schaffen und indigene Territorien anzuerkennen, wurde die Maßnahme über 18 Jahre hinweg immer wieder verlängert, ohne den betroffenen Sicherheiten oder Gewissheit zu bieten“, so Königshausen.
Indigene Organisationen kritisieren in ihrer Stellungnahme die Entscheidung als Fortsetzung einer Geschichte des Landraubs und werfen der Regierung vor, die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen voranzutreiben. „Die Abschaffung des Gesetzes 26.160 ist ein Akt der historischen Ignoranz. Indigene Völker fordern Gerechtigkeit und die Rückkehr zu einem rechtsstaatlichen Umgang mit unseren Territorien“, heißt es in dem Statement des Parlaments der indigenen Nationen, Völker und Gemeinschaften von Jujuy im Norden Argentiniens (Instagram). Die Entscheidung werde zu einer weiteren Intensivierung der Landkonflikte führen, da Unternehmen nun ohne rechtliche Hindernisse in indigene Territorien eindringen könnten: „Die betroffenen Gebiete, wie jene in der argentinischen Provinz Jujuy, sind nicht nur der Lebensraum Indigener Völker in über 300 Gemeinschaften. Die dortigen Nebelwälder spielen eine zentrale Rolle im Kampf gegen die globale Klimakrise. Ohne rechtlichen Schutz sind indigene Gemeinschaften und die einzigartige Biodiversität dieser Regionen in höchstem Maße gefährdet“, so Jan Königshausen.
Argentinien hat das völkerrechtlich bindende Abkommen über Indigene Völker, die ILO-Konvention 169, bereits 2000 ratifiziert und ist daher rechtlich verpflichtet, indigene Landrechte anzuerkennen. Die Aufhebung des Gesetztes 26.160 verstößt klar gegen diese Verpflichtungen. Die GfbV fordert die argentinische Regierung auf, die Rechte der Indigenen Völker zu respektieren und soziale Konflikte durch Anerkennung indigener Gebiete zu verhindern. „Von der EU als neuem Freihandelspartner der Mercosur-Staaten, zu denen auch Argentinien gehört, erwarten wir, dass Handelsinteressen nicht über die Einhaltung indigener Rechte gestellt werden“, betont Königshausen. „Die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht der EU muss den Schutz indigener Territorien zwingend einschließen, um ein klares Zeichen gegen Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen zu setzen.“