Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt Entscheidungstragende in der Bundespolitik und auf EU-Ebene, sich nicht von den Machthabern in Katar instrumentalisieren zu lassen. „Es wäre ein fatales Signal, wenn im Zusammenhang mit der Fußball-WM 2022 nicht über die vielen Menschenrechtsverletzungen und die tausenden auf Baustellen gestorbenen Gastarbeiter in Katar gesprochen und berichtet würde. Wenn deutsche Politiker in den Sozialen Medien kritiklos von ihren schönen Erlebnissen in Katar erzählen, entsteht ein völlig falscher Eindruck von der harten Realität im Land“, kritisiert Dr. Kamal Sido, Nahostexperte der GfbV. „Solche Verlautbarungen sind eine schamlose Werbung für einen Staat, der tausende ausländische Arbeiter wie Arbeitssklaven behandelt.“
Ferner unterstütze Katar seit Jahren radikal-islamistische Gruppierungen weltweit, Entgegen der Dementi der Machthaber. „Vielleicht hat Katars Regierung den sogenannten ‚Islamischen Staat‘ nicht direkt unterstützt, andere radikale islamistische Gruppen in Syrien, im Irak, Libyen, Afghanistan und anderswo aber durchaus“, erinnert Sido. „Katar und auch die Türkei unterstützen ganz offen die Nusra-Front, den Ableger von Al-Kaida in Syrien. Pro-katarische islamistische Gruppen hetzten offen gegen Juden und Israel. Diese radikalen Milizen verfolgen yezidische, christliche, drusische, kurdische, armenische, assyrisch / aramäisch / chaldäische, alevitische, koptische, mandäische und andere Minderheiten im Nahen Osten. Die Islamisten werden häufig von Katar finanziert.“ Im Falle Syriens laufe diese Hilfe über die Türkei. Das NATO-Mitglied diene als Transitland sowohl für finanzielle Hilfen als auch für Waffen und islamistische Kämpfer.
Dem ehemaligen US-Sonderbeauftragten für die Internationale Allianz gegen den „Islamischen Staat“ (IS) Brett H. McGurk zufolge hätten US-Diplomaten ihre meiste Zeit in der Türkei verbracht, weil das meiste Material der IS-Kriegsmaschinerie vor dort nach Syrien gelangte. McGurk und US-Verteidigungsminister James Mattis traten im Dezember 2018 zurück – auch aus Protest gegen den Umgang der USA mit islamistischen Milizen, die von Katar und der Türkei unterstützt werden.
Religiöse Minderheiten in Katar selbst werden ebenfalls verfolgt, wirkliche Glaubensfreiheit gibt es dort nicht. Den „ausländischen“ christlichen Gläubigen, meist Gastarbeiter, wird zwar erlaubt, sich zu treffen – aber nur an bestimmten Orten außerhalb der Hauptstadt Doha. Der Bau von Kirchen wird streng überwacht. Wie in vielen muslimisch geprägten Ländern werden vor allem konvertierte Christen verfolgt, ob alteingesessen oder eingewandert. Diese Menschen werden auch von der eigenen Familie oder ihren Nachbarn diskriminiert.