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Von Corona hart getroffen, vom Staat kaum geschützt

Indigene Völker weltweit

Indigener Frauenmarsch in Brasilien als Widerstand gegen die repressive Politik Bolsonaros. Foto: Eliane Fernandes / GfbV.

Indigene Völker weltweit waren deutlich stärker von der Corona-Pandemie betroffen als die Gesamtbevölkerung in den jeweiligen Ländern. Diese erschütternde Bilanz zieht die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) zum Ende des Corona-Jahres 2020. „Die ständigen Herausforderungen indigener Völker, wie relative Armut, mangelnde politische Repräsentation und ein erschwerter Zugang zur Gesundheitsversorgung haben sich in der Pandemie als besonders fatal erwiesen“, erklärt Yvonne Bangert, GfbV-Referentin für indigene Völker. „In vielen Ländern ist die Corona-Sterblichkeitsrate unter Indigenen darum bis zu doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung.“

„In Brasilien wird die Misere durch einen Präsidenten befeuert, der die Pandemie kleinredet und aktiv gegen indigene Interessen arbeitet“, ergänzt Juliana Miyazaki ebenfalls GfbV-Referentin für indigene Völker. „Viele Gemeinschaften haben eigene Kontrollpunkte eingerichtet, um Ankommende zur Quarantäne zu verpflichten oder an der Einreise hindern zu können. Doch illegal eindringende Holzfäller oder Goldschürfer, oft sogar medizinisches Personal bringen auch das Virus mit.“ Bis Mitte Dezember seien über 42.000 Infektionen und fast 900 Tote unter Indigenen bestätigt worden. Auch in anderen Staaten Lateinamerikas und der Karibik seien die Zahlen alarmierend. Kolumbien meldete bis vor einem Monat gut 35.000 Infektionen unter Indigenen und über 1.200 Tote, Mexiko schätzt die Zahl der infizierten Indigenen auf gut 9.000 und die Zahl der Toten auf gut 1.100. „Die meisten dieser Zahlen werden die tatsächlichen Infektions- und Sterberaten aber eher unterschätzen, weil vergleichsweise wenig und unsystematisch getestet wird. Indigene in Ecuador mussten die Tests selbst organisieren und finanzieren. Von 10.000 Test waren über 3.200 positiv – eine sehr hohe Rate“, berichtet Miyazaki. „Mit den Corona-Toten verlieren indigene Völker viel traditionelles Wissen. Gerade die Älteren erhalten ihre Kulturen als lebendige Bibliotheken. Viele werden ihr Wissen nun nicht mehr an die nächste Generation weitergeben können.“ Auch in den vergleichsweise reichen Ländern Nordamerikas waren Indigene wesentlich stärker von der Pandemie betroffen und hatten einen schlechteren Zugang zu Informationen und medizinischer Versorgung. In den USA mussten sie die Auszahlung ihrer Corona-Nothilfe vor Gericht einklagen.

„Die indigenen Völker der Arktis, vor allem in Russland, sind dem Virus oft durch Großbaustellen für Ölförder- und Bergbauprojekte ausgesetzt. Dort tummeln sich hunderte Menschen aus allen Landesteilen, die Belegschaft wechselt zudem häufig – ideale Bedingungen für die Ausbreitung also“, berichtet Yvonne Bangert. „Zudem hat die russische Regierung in den letzten Jahren zahlreiche kleinere medizinische Einrichtungen geschlossen. Im Falle einer Infektion sind die Indigenen auf sich allein gestellt. Vom Staat haben sie keine Unterstützung zu erwarten. Gleichzeitig brechen ihnen die wirtschaftlichen Grundlagen weg. Denn sie können ihre Produkte wie etwa Rentierfleisch wegen der Corona-Auflagen nicht mehr in größeren Siedlungen verkaufen.“