Bozen, Göttingen, 3. November 2022
Indigene Völker aller Kontinente werden ihren Anliegen auf der Weltklimakonferenz COP27 Gehör verschaffen. Auch mit Unterstützung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) reisen indigene Vertreterinnen und Vertreter darum nach Scharm asch-Schaich: „Der Klimawandel bedroht die Lebensgrundlagen indigener Völker immens. Zugleich spielen sie durch ihr einzigartiges Wissen eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Krise“, erklärt Dr. Eliane Fernandes, GfbV-Referentin für indigene Völker. „In ihren jeweiligen Nationalstaaten spielen indigene Interessen hingegen oft eine untergeordnete Rolle. Darum ist es wichtig, dass indigene Gemeinschaften eigene Delegierte entsenden können – und diese auch aktiv mitentscheiden dürfen.“
Die GfbV fordert die deutsche Regierung und ihre Partnerländer daher auf, endlich Raum dafür zu schaffen. „Erwiesenermaßen können indigene Völker weltweit den Schutz von Regenwäldern, Borealwäldern und anderen Biomen am besten gewährleisten. Zugleich sind indigene Territorien oftmals sehr klimasensibel. Schmelzende Polkappen im Norden, steigende Meeresspiegel in den Ozeanen, Trockenheit und Dürren im Amazonasgebiet treffen sie unmittelbar“, erinnert Regina Sonk, GfbV-Referentin für indigene Völker. „Für diese Verheerungen sind vor allem große Industrienationen wie auch Deutschland verantwortlich. Diese Staaten müssen nun dafür sorgen, dass indigene Völker bei allen wichtigen Entscheidungen einen Platz am Verhandlungstisch bekommen.“
In ihren Heimatländern bleibt die Lage indigener Völker volatil. Nicht alle Staaten und Regierungen sind an Klimaschutz ernsthaft interessiert, nicht alle Regionen gleichermaßen betroffen. In Brasilien hoffen Indigene nach der Wahl des neuen Präsidenten Lula da Silva, dass ihre Territorien und umliegende Naturschutzgebiete endlich wieder geschützt werden. Der noch amtierende Präsident, Jair Bolsonaro, hat praktisch alle Maßnahmen zum Schutz indigener Rechte und der Umwelt in Brasilien einstellen lassen.
Keine Region der Welt verändert sich durch die Klimakrise schneller als die Arktis. 80 Prozent der indigenen Bevölkerung Russlands lebt in solchen ländlichen Gebieten. Hier holt der russische Staat Rohstoffe aus der Erde. Fossile Energie finanzieren Russlands Kriegswirtschaft. Zugleich steigt die Nachfrage nach Übergangsmineralien für die grüne Energie- und Mobilitätswende. Diese sogenannten „Transition Minerals“ wie Lithium, Nickel Kobalt und Palladium bleiben für Russland trotz Sanktionen äußerst lukrativ. Der Rohstoffhunger hat zu Rückschlägen bei der Achtung indigener Partizipationsrechte und Umweltschutzauflagen geführt. Für Russlands Indigene ist die COP27 nun die einzig verbleibende internationale Plattform, um ihre Rechte einzufordern.
Die GfbV unterstützt auch in diesem Jahr die direkte Teilnahme indigener Repräsentant*innen an der Weltklimakonferenz. Durch unseren beratenden Status beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen können wir sie für die Blue Zone akkreditieren, in der die Regierungsverhandlungen und Side Events stattfinden.