Bozen, Göttingen, 11. März 2025

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) begrüßt das Abkommen zwischen den neuen islamistischen Machthabern in Damaskus und den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) und appelliert an die internationale Gemeinschaft, alles dafür zu tun, um ein weiteres Blutvergießen in Syrien zu verhindern.
„Die Einigung hätte unmittelbar nach dem Sturz Assads Anfang Dezember 2024 erfolgen müssen. Leider war al-Scharaa erst durch den internationalen Druck nach den genozidalen Massakern an der alawitischen Minderheit zu einer Einigung mit den Kurden und den SDF bereit. Der Druck auf die islamistischen Machthaber muss jetzt dringend aufrechterhalten werden, um weitere Massaker an den Alawiten und anderen ethnischen und religiösen Minderheiten zu verhindern“, erklärt der GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido heute in Göttingen.
„Das gestern unterzeichnete Abkommen ist in Syrien auf breite Zustimmung gestoßen, weil es ein weiteres Blutvergießen und die brutale Ermordung von alawitischen Zivilisten verhindern kann. Jetzt müssen die Verantwortlichen für die Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Nur so kann der neue islamistische Machthaber in Damaskus seine Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen“, fordert der Menschenrechtler. „Auch die Kriegsverbrechen des Assad-Regimes und der Milizen auf allen Seiten müssen aufgearbeitet und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Es darf keine Straflosigkeit geben.“
„Die EU und die deutsche Bundesregierung müssen aktiv auf ihren Partner, den türkischen Machthaber Recep Tayyip Erdoğan, einwirken, damit dieser das Abkommen zwischen der neuen syrischen islamistischen Führung und den Kurden nicht torpediert. Die Türkei muss zudem ihre Truppen aus den von ihr besetzten kurdischen Gebieten zurückziehen und alle von ihr ausgebildeten und finanzierten islamistischen Verbände auflösen. Diese stellen eine tödliche Gefahr für Minderheiten und Frauen dar“, fordert Sido.
„Die Stärkung der kurdischen Minderheit, der SDF und der drusischen Minderheit im Süden könnte weitere Massaker durch die von der Türkei unterstützten islamistischen Milizen verhindern. Sie erhöht zudem die Chance, dass in der neuen Verfassung die Rechte der Kurden, die Anerkennung der kurdischen Sprache, der aramäischen Sprache und der Sprachen anderer Minderheiten verankert werden. Es darf nicht zugelassen werden, dass Syrien weiter islamisiert wird und dass das islamische Recht der Scharia zur Grundlage der syrischen Gesetzgebung wird. Neben der Gewaltenteilung muss auch die Trennung von Religion und Staat in der Verfassung festgeschrieben werden. Auch die Rolle der Frau in der syrischen Gesellschaft muss verfassungsrechtlich gestärkt werden. Frauen müssen in allen syrischen Gremien und Behörden vertreten sein, insbesondere in der Justiz und der Polizei“, sagt der Nahostreferent.
Die Ankündigung des syrischen Präsidentschaftsamtes in der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur SANA
https://sana.sy/en/?p=349228